Fotos: Till Schuster; Text: Cornelia Heller

Stadtbibliothek, Sanierung, Lutherstadt Wittenberg

„Der Mensch und das Buch“ heißt programmatisch das sozialistisch-realistische Mosaikwandbild, das freigelegt und frisch saniert in der Stadtbibliothek Wittenberg zu bestaunen ist. Auf 195 zusammengefügten kleinen Keramikplatten haben vor gleich sechzig Jahren die Künstler Karlheinz Wenzel und Karl Kothe Lesende aus einer Zeit versammelt, die Bücher (und nicht Handy, Laptop, Tablet) in ihren Händen halten. Wie alle und alles sind auch Bibliotheken im Wandel. Die ihre Existenz entscheidende Frage ist: Wie kommen sie im Heute und Morgen an? Der denkmalgeschützte Bau von 1964, mitten in der Wittenberger Altstadt und nahe der Schlosskirche gelegen, ist ein spannender Protagonist der Nachkriegsmoderne, dessen Charme indes weitgehend verloren war. So ging es neben der Sanierung baufälliger Bausubstanz und einem modernen Ambiente vor allem um größere Flächen, etwa für eine offene Werkstatt sowie für Gespräch, Vortrag oder Konzert. In „Synthese statt Antithese“ fanden dafür die Architekten ihren Weg: „Das spezifische, aber verborgene architektonische Potenzial … sollte entdeckt, respektiert, hervorgehoben und interpretierend fortgeführt, aber nicht … überlagert oder gar diskreditiert werden.“

Der Flaneur in der repräsentativen Schlossstraße ist heute eingeladen, durch die großen Schaufenster zu staunen und durch den neuen barrierefreien Eingang einzutreten: in die Lounge, die Kinder- und Jugendbibliothek, den erweiterten Ausleihraum mit Infotheke … Die frühere Kassettendecke, der profilierte Gipsstuck an Säulen und Wänden oder das Wandbild – sie alle sind zurückgekehrt und lassen die Leichtigkeit der bauzeitlichen Architektur aufleben. Dazu: ein kluges Lichtkonzept, schicke Einbaumöbel, Hocker, Bänke sowie im ruhigen Duktus ihrer Aufstellung die Ordnung haltenden weißen Regale. Den größten baulichen Eingriff wagte man mit dem Abriss der beiden engen Verbindungsflügel zwischen Vorder- und Hofgebäude. An deren Stelle durfte der neue Lesesaal entstehen und der Lichthof erhalten bleiben: mit einem introvertiert-ruhigen „Lesehof“. Erkerartig angegliedert: der großflächig verglaste „Makerspace“; umgebaut, autark erreichbar und multifunktional: das Hofgebäude. Zusammen mit dem angelegten Lesegarten freut sich die Lutherstadt über eine moderne Oase für Wissbegierige.

Quelle: „Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2022“

Standort
Schlossstraße 7, Lutherstadt Wittenberg – Öffnen mit Google Maps

Bauherr/in
Stadt Lutherstadt Wittenberg, Lutherstadt Wittenberg

Architekten
Peter Zirkel Architekten, Dresden

Preise
Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2022, Engere Wahl

Fertigstellung
2022

Architektenkammer Sachsen-Anhalt
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Fürstenwall 3
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Telefax: (0391) 53 611 – 13
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